Steuernews: Themen aus dem Wirtschafts-, Arbeits- & Sozialrecht
Infos zu Verbraucherschlichtung, Ruhegeldzahlungen, Betriebskostennachzahlungen uvm.
Für 2021 ergeben sich im Bereich Arbeit und Soziales diverse Änderungen. Hier ein Auszug über die wesentlichen Neuregelungen, die zum Jahresbeginn und im Laufe des Jahres 2021 wirksam wurden bzw. werden.
- Kurzarbeitergeld: Die Regelung zur Erhöhung des Kurzarbeitergeldes
(ab dem 4. Monat auf 70 % bzw. 77 % bei mindestens einem Kind und auf 80%
bzw. 87 % ab dem 7. Monat) wird für alle Beschäftigten bis zum 31.12.2021
verlängert, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31.3.2021 entstanden
ist. Ferner werden die bestehenden befristeten Hinzuverdienstregelungen insoweit
bis zum 31.12.2021 verlängert. Entgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung,
die während der Kurzarbeit aufgenommen wurde, bleibt anrechnungsfrei.
Die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld wird für Betriebe, die bis zum 31.12.2020 mit Kurzarbeit begonnen haben, auf bis zu 24 Monate, längstens bis zum 31.12.2021, verlängert. - Vereinfachte Weiterbildungsförderung Beschäftigter durch die Agentur für Arbeit: Bedürfen aufgrund des technologischen Strukturwandels eine größere Anzahl von Arbeitnehmern eines Betriebes eine berufliche Weiterbildung, ist, anders als bisher, nicht mehr für jeden einzelnen Beschäftigten ein Förderantrag notwendig.
- Verlängerung der Möglichkeit zur Nutzung von Video- und Telefonkonferenzen sowie audiovisueller Einrichtungen für Versammlungen: Die Möglichkeit zur Nutzung von Video- und Telefonkonferenzen für Betriebsräte und weitere Mitbestimmungsgremien, für Heimarbeitsausschüsse und Werkstatträte in Werkstätten für behinderte Menschen ist bis zum 30.6.2021 verlängert worden. Entsprechendes gilt für Versammlungen mittels audiovisueller Einrichtungen.
- Gesetzlicher Mindestlohn: Der gesetzliche Mindestlohn beträgt seit dem 1.1.2021 brutto 9,50 ? und ab dem 1.7.2021 brutto 9,60 ? je geleisteter Arbeitsstunde.
- Mitgliedsbescheinigung der Krankenkassen: Seit dem 1.1.2021 ist die Pflicht zur Vorlage der Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse in Papierform entfallen. Der Beschäftigte gibt bei Aufnahme der Beschäftigung bzw. beim Wechsel der Krankenkasse beim Arbeitgeber seine (neue) Krankenkasse an. Durch ein elektronisches Abfrageverfahren wird die Richtigkeit der Angaben geprüft und seitens der Krankenkasse bestätigt.
- Anhebung der Altersgrenzen ("Rente mit 67"): Versicherte, die 1955 bzw. 1956 geboren sind und für die keine Vertrauensschutzregelungen gelten, erreichen die Regelaltersgrenze mit 65 Jahren und neun Monaten bzw. mit 65 Jahren und zehn Monaten. Für die folgenden Geburtsjahrgänge erhöht sich die Regelaltersgrenze zunächst um je einen weiteren Monat (später in Stufen von zwei Monaten pro Jahrgang). Erst für die Jahrgänge 1964 und jünger wird die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren liegen.
- Hinzuverdienstgrenze bei Altersrenten: In Anbetracht der aktuellen
Entwicklung der Corona-Krise gilt die befristete Anhebung der kalenderjährlichen
Hinzuverdienstgrenze für Altersrenten vor Erreichen der Regelaltersgrenze
auch für das Kalenderjahr 2021. Für das Jahr 2021 beträgt die
kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze 46.060 ?. Der sog. Hinzuverdienstdeckel
ist weiterhin nicht anzuwenden.
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Warenkaufrichtlinie soll eine Update-Pflicht für Verkäufer von digitalen Produkten eingeführt werden, die diese Produkte an Verbraucher verkaufen. Ziel ist eine dauerhafte Funktionstüchtigkeit und IT-Sicherheit von digitalen Gütern zu gewährleisten. Der Entwurf sieht insbesondere folgende Änderungen vor:
- Für Produkte mit digitalen Elementen, die ein Verbraucher von einem Händler erwirbt, wird eine Aktualisierungsverpflichtung ("Updates") eingeführt.
- Für Sachen, für die eine dauerhafte Bereitstellung digitaler Elemente vereinbart ist, muss der Verkäufer z. B. dafür Sorge tragen, dass die in der Sache integrierten digitalen Elemente während des Bereitstellungszeitraums mangelfrei sind und bleiben.
- Bei Kaufverträgen mit Verbrauchern wird die Vermutung, dass ein Mangel der Kaufsache bereits beim Kauf vorlag, von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert.
- Eine Garantieerklärung wird dem Verbraucher zukünftig auf einem
dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt. Aus der Garantieerklärung
muss zudem deutlich hervorgehen, dass eine Garantie die daneben bestehenden
Gewährleistungsrechte unberührt lässt und die Inanspruchnahme
der gesetzlichen Rechte unentgeltlich ist.
Bei Prämiensparverträgen handelt es sich um eine langfristige Sparform
mit gleichbleibender Sparleistung, aber einem variablen Zinssatz. Je nach Vertragslaufzeit
erhalten die Verbraucher neben dem Zins oftmals noch eine zusätzliche Prämie.
Die meisten Kreditinstitute verwenden in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen
(AGB) eine sog. "Zinsanpassungsklausel".
Diese erlaubt es ihnen, über Änderungen bei der Verzinsung unbegrenzt
einseitig entscheiden zu können. Eine solche Zinsanpassungsklausel ist
jedoch rechtlich unwirksam, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) bereits 2004.
Wie mit der Klausel in den entsprechenden Verträgen weiter verfahren werden
soll, erklärte der BGH allerdings nicht. Nun hat das Oberlandesgericht
Dresden (OLG) auf eine entsprechende Musterklage reagiert und Hinweise auf die
weitere Verfahrensweise gegeben.
Nach Ansicht des OLG müssen sich die Zinsen an einem angemessenen, langfristigen
und öffentlich zugänglichen Referenzzinssatz orientieren und eine
monatliche Anpassung muss möglich sein. Angemessen wäre beispielsweise
die 9- bis 10-jährige Zeitreihe der Deutschen Bundesbank.
Bitte beachten Sie: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
empfiehlt Verbrauchern solche Prämiensparverträge überprüfen
zulassen. Sie hatte die Kreditinstitute bereits Anfang 2020 aufgefordert auf
die betroffenen Kunden zuzugehen, um jeweils eine rechtlich wirksame Lösung
zu finden. Betroffene Verbraucher sollten ihre Bank aufsuchen, sich dort die
verwendete Klausel erläutern lassen, um anschließend deren Wirksamkeit
prüfen zu können. Ggf. ist hier eine rechtliche Beratung sinnvoll.
Neu ausgegebene Bankkarten sind häufig mit einer Nahfeldkommunikationsfunktion
(NFC-Funktion) - "kontaktlose Zahlungsfunktion" - ausgestattet. Diese
Funktion wird i. d. R. bei der ersten Benutzung der Karte durch den Kunden automatisch
aktiviert und ermöglicht die kontaktlose Bezahlung von Kleinbeträgen
ohne die Karte in ein Zahlungsterminal einführen und einen PIN-Code eingeben
zu müssen. Bei der Bezahlung von höheren Beträgen ist jedoch
die Authentifizierung durch PIN-Code erforderlich.
Nun hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu klären, wie es mit
der Haftung bei dem Verlust einer solchen Karte aussieht. Die Richter des EuGH
entschieden, dass das kontaktlose Zahlen ein anonymisiertes Zahlungsinstrument
ist und somit der Bank grundsätzlich Haftungserleichterungen ermöglicht.
Meldet ein Kunde jedoch den Verlust oder die missbräuchliche Verwendung
einer Bankkarte, dürfen ihm keine negativen finanziellen Folgen entstehen.
Etwas anders gilt, wenn er in betrügerischer Absicht gehandelt hat.
Ein wichtiger Kündigungsgrund an sich - eine Verletzung arbeitsvertraglicher
Pflichten - liegt unter anderem vor, wenn der Arbeitnehmer seine Interessen
im Arbeitsverhältnis durch die rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichen
Übel gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen versucht. Vor diesem
Hintergrund entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit seinem Urteil
v. 21.7.2020 Folgendes:
Tritt der Arbeitnehmer einer Weisung des Arbeitgebers mit der Drohung entgegen,
sich krankschreiben zu lassen, so rechtfertigt das im Grundsatz eine außerordentliche
fristlose Kündigung. Unerheblich ist hierbei, ob der Arbeitnehmer später
tatsächlich erkrankt oder ob die Weisung rechtswidrig war, denn die kündigungsrelevante
Nebenpflichtverletzung besteht in der Art und Weise des Vorgehens des Arbeitnehmers.
In einem Fall aus der Praxis wurden von einem Mieter mit einem "Wohnungs-Einheitsmietvertrag"
Räumlichkeiten im 1. Obergeschoss zu Wohnzwecken und die im Erdgeschoss
vorhandenen Räume mit einem "Mietvertrag für gewerbliche Räume"
zur Nutzung als Kanzlei angemietet. Beide Verträge enthielten eine Klausel,
wonach die Mietverträge jeweils aneinander gebunden waren. Das Gewerbemietverhältnis
wurde im Juli 2017 vom Vermieter gekündigt.
Grundsätzlich gilt, dass dann, wenn der Mieter die Räumlichkeiten
vereinbarungsgemäß sowohl zu Wohn- als auch zu Gewerbezwecken nutzen
kann, ein Mischraummietverhältnis vorliegt. Es kommt dabei nicht darauf
an, ob der Mieter einen bestimmten Teil der Räumlichkeiten ausschließlich
gewerblich nutzt und in dem anderen ausschließlich wohnt (z. B. Gaststätte
mit Wirtewohnung) oder ob er die Räume in ihrer Gesamtheit sowohl zum Wohnen
als auch zu Gewerbezwecken nutzt. Folge dieses einheitlichen Rechtsverhältnisses
ist, dass dieses auch nur insgesamt gekündigt werden kann. Die Kündigung
des Vermieters im o. g. Fall war deshalb unwirksam.
Ein getrennt lebender Kindesvater ist auch gegen seinen ausdrücklich erklärten
Willen zum Umgang mit seinen Kindern verpflichtet, wenn der Umgang dem Kindeswohl
dient. Kinder haben ein Recht auf Umgang mit ihren Eltern und Eltern eine gesetzliche
Verpflichtung zum Umgang mit ihren Kindern.
Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. (OLG) wies deshalb mit seinem Beschluss
v. 11.11.2020 eine Beschwerde eines Kindsvaters zurück, mit der er sich
gegen die Verpflichtung wehrte, einmal im Monat tagsüber Umgang mit seinen
drei Söhnen zu haben.
In seiner Erklärung führte das OLG aus, dass dem Wohl des Kindes
grundsätzlich zugutekommt, wenn es durch Umgang mit seinen Eltern die Möglichkeit
erhält, seinen Vater und seine Mutter kennen zu lernen, mit ihnen vertraut
zu werden oder eine persönliche Beziehung zu ihnen mithilfe des Umgangs
fortsetzen zu können. Die Verweigerung jeglichen Umgangs mit dem Kind und
damit die Loslösung von einer persönlichen Bindung stellt einen maßgeblichen
Entzug elterlicher Verantwortung und zugleich die Vernachlässigung eines
wesentlichen Teils der Erziehungspflicht dar.
Ein Autofahrer wurde vom Amtsgericht wegen Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 30 km/h
zu einer Geldbuße und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt.
Im Rahmen des behördlichen Bußgeldverfahrens verlangte er erfolglos
Zugang zu Informationen, unter anderem der Lebensakte des verwendeten Messgeräts,
dem Eichschein und den sogenannten Rohmessdaten, die sich nicht in der Bußgeldakte
befanden.
Die Richter des Bundesverfassungsgerichts kamen in ihrem Beschluss vom 12.11.2020
zu der Entscheidung, dass Betroffenen im Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung
Zugang zu Informationen gewährt werden muss, die nicht Teil der Bußgeldakte
waren. Dem Autofahrer musste also der geforderte Zugang gewährt werden.
Aus dem Recht auf ein faires Verfahren folgt grundsätzlich auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren
das Recht, Kenntnis von solchen Inhalten zu erlangen, die zum Zweck der Ermittlung
entstanden sind, aber nicht zur Akte genommen wurden. Wenn der Betroffene Zugang
zu Informationen begehrt, die sich außerhalb der Gerichtsakte befinden,
um sich Gewissheit über seiner Entlastung dienenden Tatsachen zu verschaffen,
ist ihm dieser Zugang grundsätzlich zu gewähren.
Zurzeit kursieren u. a. Phishing-E-Mails mit einem falschen Antragsformular
für Corona-Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische
Unternehmen, die angeblich vom Europäischen Rat und vom Bund gemeinsam
angeboten werden.
Diese betrügerischen E-Mails, z. B. mit dem Absender deutschland@ec.europa.eu,
stammen nicht von der Europäischen Kommission. Reagieren Sie nicht auf
solche Phishing-E-Mails und öffnen Sie nicht den Anhang. Überbrückungshilfen
in der Corona-Pandemie werden von Bund und Ländern gewährt, nicht
direkt von der Europäischen Union. Vertrauenswürdige Informationen
bietet die von der Bundesregierung eingerichteten Website "ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de".
Die sog. Corona-Überbrückungshilfe, die nach den Richtlinien des Landes NRW für kleine und mittelständische Unternehmen gezahlt wird, ist jedenfalls bei summarischer Prüfung unpfändbar. Die zur Corona-Soforthilfe in einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangene Rechtsprechung ist auch auf die Corona-Überbrückungshilfe übertragbar, so das Finanzgericht Münster in einem Beschluss vom 22.10.2020.